Ich habe gewonnen

Wie dem regelmässigen Leser ja bereits bekannt sein dürfte, fröne ich während der warmen Jahreszeit leidenschaftlich dem nachbarnberäucherden und kunstgerechten Garen von Nutztierprodukten auf offener Flamme. Da der durchschnittliche westeuropäische Zivilisationshomosapiens des einundzwanzigsten Jahrhunderts weder gewillt noch in der Lage ist, seine Beute für den Grillschmaus auf allen vieren rennend in affenartiger Geschwindigkeit durch den Forst zu verfolgen und hernach unter markerschütterndem Triumphgeschrei mit blossen Zähnen zu reissen*, pflegt er ja bekanntlich mundgross oder tellergerecht feilgebotenes Stückgut in Vakuumverpackung käuflich zu erstehen.
Das ist sehr komfortabel. Der Konsument muss also weder ein armes Bambi niedermetzgen noch das Fleisch selber würzen, für alles ist gesorgt. Aus der Packung direkt auf den Rost. Üblicherweise kommt dem Verpackungsmaterial keine grosse Aufmerksamkeit zu. Doch neulich prangte darauf ein farbiges Märklein. Vierzehntausend Sofortpreise, man muss sich das mal vorstellen, wirklich. Ein Wettbewerb! Ich bin immer ganz begeistert! Was sind schon meinen persönlichen Daten im Austausch gegen tolle Sofortpreise! Eine Grillschürze! Ein Tierprodukteabonnement! Ein riesiger Gasgrill, wo eine halbe Sau draufpasst! Ein Automobil! Eine Yacht! Ein Grillhammer!

Ein Grillhammer? Was zum Henker ist das?

Egal, ich habe doch allen Ernstes gewonnen. Fortuna ist mir hold! Federnden Schrittes vor lauter Vorfreude ging ich während der nächsten Zeit durch den Alltag. Mit welch grosser Spannung ich den Preis erwartete. Ein Grillhammer. Wenn ich mir vorstellte, welcher Ausbund neuer Möglichkeiten mir dieses Gerät eröffnen würde, ward mir fast ein wenig schwindelig. Kaum drei Wochen später überreichte mir der Postbote auch schon das Instrument, welches seither bei keinem ernsthaften Grillplausch fehlen darf. Edel funkelt die verchromte Oberfläche im Widerschein der Flammen. Elegant verbindet der lange Hals den Hammerkopf mit dem ergonomischen Griff. Sowieso, der Griff: Ein echter Handschmeichler. Und auch der Hammerkopf: Viel zu schön für schnödes Hämmern. Ich muss zugeben, ich fühle mich erst komplett, seit ich im Besitze des Grillhammers bin. Fast möchte ich diesen gar nicht mehr aus der Hand geben. Und auch der Neid aller ist mir sicher, wenn ich mit diesem Apparat, der Zweckmässigkeit**, Eleganz und zeitlose Schönheit so meisterhaft verbindet am Grill stehe.

* Man pflegt sich ja auch immer wieder das gute Hemd dabei zu besudeln, was dem Hausfrieden im allgemeinen recht abkömmlich ist.
** Jetzt aber mal Fisch auf den Tisch: Wer mir erklären kann, wozu dieses Utensil gebaut wurde – ausser dem erwähnten Wettbewerb, natürlich – der darf mein Exemplar einmal ausleihen.

This entry was posted in Kolumnen. Bookmark the permalink.

11 Responses to Ich habe gewonnen

  1. Pingback: Film ab, Hirn aus. | dglauser.ch

Schreiben Sie einen Kommentar zu Erich Antworten abbrechen

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert