Vatervorfreuden

Bekanntlich werde ich ja in Bälde Vater. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass sich mir in letzter Zeit ein Ausbund gänzlich neuer Themenkreise aufzutun im Begriff ist. So ist es ja mit der Zeugung an und für sich und dem Harren der Dinge die da kommen mögen allein noch lange nicht getan. Zuerst einmal kann ich mich ja wirklich glücklich schätzen, dass mein auserkoren Weib nicht – so wie manch andere in anderen respektive gleichen Umständen – mit der Geisel der täglichen Hormonirrfahrt geschlagen ist. Dies erleichtert die Sache nämlich ungemein, denn wie man hört vermeinte schon manch zukünftiger Vater seine Angetraute ausgetauscht durch ein höchst irrational handelndes und denkendes Wesen, das dann fürderhin bis zum Tage der Entbindung das gemeinsame Beziehungsleben zum Minenfeld umgestaltet habe.

Veränderungen stehen im Vorfeld zum Zuzug des neuen Mitbewohners oder der neuen Mitbewohnerin so einige an. Dies sensibilisiert meine vorvaterschaftliche Wahrnehmung verständlicherweise auf alles, das mit diesem Thema zu tun hat. So waren wir neulich bei Freunden, welche bereits mit Nachwuchs in doppelter Ausführung ausgestattet sind. Mit von der Partie war auch ein Paar weiterer frischgebackener Eltern. Man kann sich als Neuling auf dem Gebiet (damit bin ich gemeint) kaum vorstellen, um welch bunten Strauss an zusätzlichen Pflichten und Tätigkeiten das Tagewerk ergänzt wird. So will in regelmässigen Abständen der Füllstand der Körperausscheidungsauffangvorrichtung* sowohl visuell wie auch durch Verwendung des durch Übung geschärften Geruchssinnes überprüft werden. Ist der Befund positiv, dann schreitet man unverzüglich zum Wechsel genannter Vorrichtung. Dies sollte aber nicht leichtsinnig zu früh erledigt werden, denn sonst könnte es durchaus passieren, dass der Vorgang sofort noch einmal wiederholt werden muss, da salopp ausgedrückt noch ein Nachschlag auf Lager war.

Nebst der Nahrungsabgabe ist auch die Nahrungsaufnahme häufig und von beachtlicher Komplexität. Im vorgegebenen zeitlichen Rhythmus erhält die Nachkommenschaft die Zutaten zum Gross- und Starkwerden sozusagen direkt vom Busen der Natur oder aus dem wohltemperierten und vorher steriliserten Gebinde verabreicht. Wird der empfohlene Füllstand dabei überschritten steht kurz danach allenfalls ein Oberbekleidungswechsel bei allen Beteiligten an.

Schlafen tun Säuglinge – nicht wie bei den meisten Leuten üblich – einmal je vierundzwanzig Stunden, sondern viel häufiger. So wollte bei besagtem Anlass eigentlich immer irgend jemand ins Bett gebracht oder aus dem Bett geholt werden, was grundsätzlich auch mit einem Garderobenwechsel (diesmal beim Kinde) einhergeht und ganz einfach auch nicht so einfach ist, wie es dem in der Materie nicht allzu bewanderten Leser zu erscheinen vermag.

Zusammen mit mancherlei anderen Dingen, welche auch noch getan werden wollen um die Kleinen bei Laune zu halten und die aufzuzählen ich mich hier ausserstande sehe, läuft eigentlich so ziemlich andauernd irgend etwas. Und weil nun meine Gattin sich schon um einiges besser mit dieser ganzen Geschichte auskennt und aus diesem Grund vollauf damit beschäftigt war, den anwesenden Eltern unter die Arme zu greifen, fand ich mich öfters alleine in der guten Stube wieder. Ich beschäftigte mich dann jeweils damit mich etwas deplatziert zu fühlen. Trost spendet aber sicherlich der Umstand, dass es wahrlich nur eine Frage der (relativ kurzen) Zeit ist, bis ich eigentlich auch gar keine Zeit mehr haben werde, um diesem Gefühl zu frönen.

* Körperausscheidungsauffangvorrichtung (umgangssprachlich): Windel.

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