Fürwahr, es sind dies nun wieder einmal die in schöner Unregelmässigkeit wiederkehrenden Tage in meinem Leben, wo ein tief empfundenes Bedürfnis sich in mir breitzumachen pfleget, mich schreibend zu betätigen. Leider aber sehe ich mich nicht in der Lage, ein angemessen bedeutungsschweres und -schwangeres Thema als Dreh- und Angelpunkt dieses Textes identizufizieren. Um der daraus unweigerlich folgenden Prokrastination* in Bezug auf die schreibende Betätigung mutig entgegenzutreten, bin ich nun alsbald gebührlich in mich gegangen, um die Frage zu beantworten weshalb dem eigentlich denn nun so ist. Und die Antwort, oder besser gesagt die Antworten darauf sind – wer hätte das gedacht – ironischerweise keine echten Antworten, sondern Fragen. Fragen, die mich tief zu beschäftigen im Stande sind und die ich hier einmal in einer losen Zusammenstellung zugänglich zu machen mich eigentlich fast gezwungen sehe. Ohne Zaudern und ohne im metaphysischen Dunstkreis der vielzitierten Umschweife herumzudümpeln komme ich deshalb hier zur Sache.
- Falls sie ab und an den modernen Hort körperlicher Ertüchtigung zwecks Instandhaltung einer gewissen Grundgesundheit** aufsuchen und sich aufgrund männlicher Geschlechtszugehörigkeit für den Akt des Umkleidens in die Garderobe ebenselbiger Geschlechtsgenossen begeben, sind ihren armen Sehorganen sicherlich auch schon ungeheuerliche Dinge widerfahren. Dinge, die man eigentlich eher der Verdrängung zum Zwecke süssen Vergessens anheimfallen lassen möchte, denn je darüber nachdenken oder gar sprechen zu müssen. Weshalb in aller Welt sehen sich Männer älteren Baujahres veranlasst, den grössten Teil ihres Aufenthaltes im Umkleideraum komplett ohne Beinkleid zu verbringen? Welch grauslich Schauspiel muss man da mit ansehen, wenn beim Ausziehen noch vor Schuhen und Jacke sämtlich Beinkleid entfernt wird! Auch beim Ankleiden ist es nicht besser, denn man kann sich absolut sicher sein, dass zuerst Unterhemd, Hemd, Socken, Jacke, Schal, Schuhe und sogar der Hut angezogen wird, bis endlich auch Unterhose und Hose folgt. Welch Folter für meine armen Sehorgane, wenn dann der beinkleidlose Zustand noch dazu genutzt wird, mit der für die Trocknung des Haupthaares zur Verfügung gestellten Fönvorrichtung minutenlang den ganzen Körper minutiös zu beföhnen. Ich wache manchmal schweissgebadet auf, vor dem inneren Auge friedlich ein leichtes Windlein durch greises graues flaumiges und langes Körperhaar wehend. Und schlimmeres. Grüslen, wirklich.
- Weshalb bringt so mancher Protagonist der gesunden Küche sowohl auf Salat wie auch Brot lustiges Vogelfutterkernenzeug aus?
- Weshalb sind Vögel in Verbform anrüchig?
- Um vom ornithologischen Themenkomplex den Bogen nach den physischen Themen zurückzuspannen, bevor ich sämtliche Leser verliere: Weshalb sollte der Mann zum Sporte mit engem Beinkleide erscheinen? Dies mag in wenigen Fällen anwesend Weibsvolk zu erfreuen, sorgt aber in den meisten Fällen für leichte bis ernsthafte Komplikationen*** beim Rest der Augenzeugen. Ernsthaft, ich glaube das geht hin bis zu psychosomatisch begründetem temporärem Erblinden. Ehrlich.
- Weshalb sollte ich mich je auf diese kleinen praktischen Bänklein in der Umkleidekabine setzen, wenn ich doch genau weiss, von wem mit welch unaussprechlichen, entblössten Körperteilen diese berührt wurden? Man müsste solcherlei Mobiliar zur Desinfektion ohne Rückstände verbrennen!
- Woher soll ich denn wissen, dass es sich bei der Gewichtsangabe auf Windelpackungen – es steht da zum Beispiel «3-6kg» – nicht um den maximalen Windelfüllstand sondern um das Gewicht des Kindes handelt?
- Ergeht betreffend Röstihalbmonden in der Kantine nun nach der Minarettinitiative auch bald ein Verbot?
- Wird Sojasauce chinesischer Herkunft wirklich aus Menschenhaar gemacht? Und mag dabei etwa besonders gerne Haar von Ganzkörperföhnern berücksichtigt werden?
- Weshalb sind immer Männer mit der gefürchteten Kühlschrankblindheit**** geschlagen und niemals Frauen?
- Benötigt man für Sprachen mit Klicklauten – wie sie in Afrika recht häufig anzutreffen sind – eine Maus?
- Weshalb denke ich beim Satz ‹es ist herausgestuhlt› sogleich an Aussenaborte?
- Wann finde ich endlich einmal Zeit, ein Buch über Zeitmanagement zu lesen?
* Prokrastination: Siehe auch Faulersackigkeit.
** Sie wissen ja, was man sagt. Ab dreissig rostet das Chassis. Falls sie es noch nicht wussten, dann wissen sie es jetzt.
*** Ernsthafte Komplikation: Kann in erwähntem Zusammenhang auch als „explosionsartiges Erbrechen“ gelesen werden.
**** Kühlschrankblindheit ist ein leuchtendes Beispiel selektiver Wahrnehmung. Man (wenn man ein Mann ist) steht also vor dem offenen Kühlgerät wie der vielzitierte Esel am Berg und ist ums Verrecken nicht in der Lage, ein bestimmtes Produkt zu erspähen. Üblicherweise hilft eine sich in Rufweite befindliche weibliche Bewohnerin des gleichen Haushaltes auf freundliche Nachfrage – ohne wahrnehmbare zeitliche Verzögerung und zu alledem auch ohne nur einen Blick in den Kühlschrank werfen zu müssen – weiter. Mit dem Resultat, dass man sich kurz wie ein Tubeli fühlt, was man aber dann auch gleich wieder vergisst, da man sich ja nicht auf verschiedene Dinge gleichzeitig konzentrieren kann. Um was ging es gleich nochmal?
One Response to Die letzten ungeklärten Fragen der Menschheit. Oder zumindest einige davon.